In instrumentalen Lernprozessen bleibt das subjektive Erleben der Schüler meist unberücksichtigt. Vor diesem Hintergrund analysiert Karin Kleine Jäger philosophisch argumentierend die Tradition der Abwertung sinnlicher Qualitäten gegenüber den geistigen Aspekten der Musik. Bis heute führt dies dazu, dass Form und Struktur der Musik selbstverständliche Ausgangspunkte der Unterrichtspraxis sind.
Das theoretische Fundament eines Unterrichts, der die Körperlichkeit der Musizierenden konsequent berücksichtigt, wird anschließend auf der Grundlage phänomenologischer Überlegungen detailliert beschrieben. So zeigt die Phänomenologie auf, wie wir als Gesamtorganismus immer schon leiblich auf die erklingende Musik bezogen sind, noch bevor wir über sie nachdenken. Instrumentale Fähigkeiten basieren demnach elementar auf unserer Leiblichkeit.
Wird auf diese Weise die ursprüngliche Funktion von Musik als Körpersprache deutlich, verändert sich musikalisches Lernen. Nun wird es notwendig, die Musik auch im Unterricht in der unmittelbaren Erfahrungsdimension zu belassen. Zudem verwandeln sich instrumentale Bewegungen: Eine kontrollierte motorische Ausführung der Instrumentaltechnik kann immer mehr als leibliche Geste erlebt werden. In der Empfindung von uns selbst als körperlicher Einheit erfassen wir die musikalische Bedeutung jetzt ganz unmittelbar.
Karin Kleine Jäger studierte Musik und Ökonomie. Nach langjährigen Forschungsarbeiten zur Musikwahrnehmung weist sie mit dieser Arbeit den Weg zu einer sinnenorientierten Instrumentalpädagogik, in der Musik wieder ihre Funktion als Körpersprache erfüllen kann.
„Kopfmusik“ hat Karin Kleine Jäger als Titel für ihr Buch gewählt, das streng genommen ein Plädoyer für Bauchmusik ist und nicht weniger fordert als eine Neuorientierung der Instrumentalpädagogik. Ein Blick in die Musikschulen landauf, landab macht deutlich, worum es der Coesfelderin geht. Die Schüler lernen ein Instrument kennen und es zu handhaben. Und sie lernen, das, was auf dem Notenblatt steht, möglichst genau wiederzugeben. Sie musizieren mit dem Kopf, aber nicht mit dem Bauch oder besser noch mit der Gesamtheit ihres Seins.(...)
Ein Plädoyer für Bauchmusik
Allgemeine Zeitung CoesfeldDezember 2019
„Kopfmusik“ hat Karin Kleine Jäger als Titel
für ihr Buch gewählt, das streng genommen ein Plädoyer für Bauchmusik ist und nicht weniger fordert als eine Neuorientierung der
Instrumentalpädagogik. Ein Blick in die Musikschulen landauf, landab macht deutlich, worum es der Coesfelderin
geht. Die Schüler lernen ein Instrument kennen und es zu handhaben. Und sie lernen, das, was auf dem Notenblatt steht, möglichst genau wiederzugeben. Sie
musizieren mit dem Kopf, aber nicht mit dem Bauch oder besser noch mit der Gesamtheit ihres Seins.(...)