Vor zehn Jahren, im Sommer 2014, wurde Eberhard Nitsch kurz vor Beendigung eines Entwicklungshilfe-Projekts in Nigeria entführt. Terroristen der Gruppe Boko Haram nahmen ihn als Geisel, um für sich Vorteile zu erpressen. In erster Linie hatten sie es wohl, so ergaben spätere Betrachtungen, auf Geld abgesehen. Mit gebührendem zeitlichem Abstand hat er seine Erlebnisse und Beobachtungen zusammengefasst. Vor allem ging es ihm dabei darum, sichtbar zu machen, was in einer Geisel vorgeht. Weshalb die Texte sich auch mit einzelnen Ereignissen der Geiselhaft befassen; sie sind kein fortlaufendes Tagebuch. Etwas derartiges zu verfassen, dazu fehlte ihm nicht nur das Material, seine Bewacher unterbanden auch alle Tätigkeiten, die der Kommunikation dienen konnten. Seine Leserinnen und Leser will er zu Fragen anregen. Vor allem zu der Frage, wie groß der Unterschied zwischen den neutral-distanzierten Berichten von Behörden und Medien zur erlebten Wirklichkeit ist. Er will dabei helfen, das Einsortieren in Schubladen oberflächlichen Wissens zu vermeiden.
Eberhard Nitsch ist heute 78 Jahre alt. Er lebt im Allgäu und nimmt das Leben von der gelassenen Seite. In der Natur, wenn er tief Luft holen kann, empfindet er eine Form von Freiheit, an die er während seiner sechsmonatigen Geiselhaft nicht mehr glauben konnte. Seine Mentalität als einer, der zupackt, wenn es gebraucht wird, und anderen Wissen und Erfahrung weitergibt, die es brauchen können, hat sich der ehemalige Bundeswehr-Unteroffizier bis heute bewahrt. Dieses Talent war auch sein Antrieb, sich für Menschen in Afrika zu engagieren, die über Ausbildung einen Weg in ihre persönliche Selbständigkeit finden sollten. Dass dies möglich ist, glaubt Nitsch im Prinzip noch immer. Dass es möglich wird, solange skrupellose Gewalttäter Menschen in Abhängigkeit halten können, daran zweifelt er seit seiner Zeit als Geisel allerdings grundsätzlich.
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